KÖNNEN CORNFLAKES TÖTEN? ODER SIND SIE BIG BUSINESS?

KÖNNEN CORNFLAKES TÖTEN? ODER SIND SIE BIG BUSINESS?

Wenn in London ein Cerealien-Café eröffnet, das erlesene Cereals aus aller Welt poppig bunt und süss anbietet, ist es nur ein kleiner Schritt, bis auch hierzulande junge Unternehmer ihr Glück mit diesem Konzept versuchen. Tauchen wir also ein in die Hoch-Zeit von Cornflakes & Co: der Frühstückstisch der 80er – kein grüner Detox-Smoothie, kein Bio-Müsli, kein Superfood sondern Smacks, Crispies und Pops. Ach, war das schön.

Ob sich mit diesem einen Ladenkonzept schon der Gegentrend zum Gesundheitsbewusstsein als Lifestyle ankündigt, das ist für mich hier dabei gar nicht die Frage. Genauso wenig, ob damit auf Dauer Geld zu verdienen ist.
Nein, das Business in dem die zwei jungen Unternehmer in Köln agieren, steht zunächst nicht im Widerspruch zum Trend gesunder Ernährung und damit zum Bio-Vollkornmüsli. Stattdessen handelt es sich um eine Customer Experience Idee. Hier soll ein Nostalgieerlebnis kreiert werden. Das Sortiment ist das eines Süßwarenladens, geboten wird eine Nostalgieumgebung mit Accessoires der 80er Jahre.
Nostalgie, das Sortiment an Cerealien und eine coole Location: das sind die drei Markenattribute, die einem als erstes in den Sinn kommen und die das Business Modell ausmachen könnten.

Allerdings gehen, wie die Wirtschaftswoche (06/16) berichtet, auch Bircher-Müsli und zuckerreduzierte Flocken über den Ladentisch. Dass laut den Gründern frische Früchte hinter der Theke für die Akzeptanz des Ladens wichtige zusätzliche Elemente sind, lässt dann schon die Frage aufkommen, in welchem Business bzw. in welcher Branche wir hier sind.
Haben die Gründer den eigenen Glauben an Ihr Konzept schon verloren? Besteht das Konzept nur darin, Nostalgie als Verpackung einzusetzen, um gesundes Müsli noch schmackhafter zu machen? Oder handelt es sich um eine „Nischenidee“, die eher „nur kurz boomen und dann wieder vom Markt verschwinden könnte“ wie sich Andreas Lauscht als Gastronomie Markforschungsexperte der npd.group ebenfalls in der WiWo äußert.

Aber auch bei einem Nischenprodukt wäre zunächst einmal ausschlaggebend: welches Bedürfnis befriedigt es beim Kunden, wenn er die bunten Pappkartons in den Regalen betrachtet und ihm der Mund auf Süßes wässrig gemacht wird? Süsses Bappzeug gibt’s ja schließlich auch in Bio. Dann allerdings mit viel Honig und vermeintlich „gutem“ Zucker aus dem vollen rohen Rohr. Das wiederum ist ja bereits im Trend.
Also vielleicht doch eine super Idee, dieses süsse Schlaraffenland im Retro-Look? Oder doch nur eine gemeine Mogelpackung? Das könnte man vermuten.

Gar nicht spekulativ sondern Fakt sind dahingegen die feinen Unterschiede des Londoner Modells gegenüber den Kölner Nachahmern. Denn allein an Brandnaming und Erscheinung ist abzulesen, wie unterschiedlich die Markenkerne der zwei  Business Modelle sind, obgleich es auf den ersten Blick ja nur um Frühstücksflocken geht.

Die Unterschiede:
Cereal Killer   < versus >  Flakes Corner:
Der Name „Cereal Killer“ strahlt durchaus subversive Kraft aus. „Killer“ provoziert, übertreibt, spielt mit der Ironie und vermittelt nebenbei ein „cooles“ Image. 

Dagegen erzählt „Flakes Corner“ keine Geschichte. Hier handelt es sich um eine neutrale, funktionale Beschreibung. „Flocken-Ecke“. Nicht ganz so sexy? In jedem Fall eine andere Aussage, die so auch sicher eine etwas andere Kundengruppe anspricht.

Fassen wir zusammen:
Bildschirmfoto 2016-02-14 um 15.57.35London: Zwei Brüder >  Zwillinge  > Echte Kerle > Cereal Kenner & Liebhaber > eröffnen ein Szenecafé mit einer ungewöhnlichen Idee und deklinieren in der Kommunikation ein geschlossenes visuelles und inhaltliches Bild Ihrer persönlichen Leidenschaft durch. Dann erzählen sie uns noch ganz direkt per Video ihre  Story – Und manifestieren damit Ihre Einzigartigkeit auch als Rariätensammler rund um das Thema Cerealien. Gestalterisch einheitlich und überzeugend.

Bildschirmfoto 2016-02-11 um 16.20.19Köln: Dahingegen zwei Freunde,  nette Jungs, mit der gleichen Grundidee Cerealien Revival / Erlesene Sorten aus aller Welt, die sie sich in London abgeschaut haben. Und das wars. Mehr wissen wir bis dato nicht. Mehr erzählen sie uns leider mit ihrer Markenpräsenz nicht – weder visuell noch inhaltlich.

Vielleicht haben die Kölner aber doch noch andere Dinge auf Lager und die Idee mit dem schlechten Gewissen beim Süssigkeitenessen ist vielleicht ein Ansatz. Womöglich freut sich der durch äußeren Druck in die vegane Lebensweise  gezwungene Hipster, wenn er seine Automie über seine Essgewohnheiten wiedererlangt. Das wäre durchaus ein ironischer Ansatz. Ob Sie das mit ihre Persönlichkeit authentisch verkörpern können? Einen Versuch wär’s wert.

Business -Modelle sind definitiv komplexer, als uns oft glauben gemacht wird. Die meisten erfolgreichen ihrer Art werden auch erst im Nachhinein identifiziert. Eine genaue Analyse deckt dann viele verschiedenen Faktoren auf, die nur im perfekten und detaillierten Zusammenspiel das erfolgreiche Ergebnis bringen.
Deswegen heisst es, genau hinsehen und einmal mehr die Kundenbedürfnisse unter die Lupe nehmen! Mit mehr Wissen durch Insights über die Beweggründe der aktuellen Kunden (Customer Insights) spannenden Aufschluss erlangen. Und dann das Geschäftsmodell daran ausrichten, damit es zukünftig eine Chance auf nachhaltigen Erfolg hat. Wie und vor allen Dingen, dass alle Aktivitäten ineinenandergreifen, zählt!

Den Kölnern wünsche ich  viel Erfolg dabei, die richtigen Indizien aufzuspüren, damit sie ihre ganz eigene und einzigartige Markenstory finden. 

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